Tarifstreit Physiotherapie

Verrechnet der Waschmaschinen- oder Küchenapparatetechniker seine Arbeit mit einem Stundenansatz von Fr. 150.– bis Fr. 165.– pro Stunde (exclusive Anfahrt und Material) muss der Physiotherapeut sich heute immer noch mit einem Stundenansatz von Fr. 96.– bis ausnahmsweise Fr 110.– begnügen (vor zwei Jahren war dies noch Fr. 90 – 100 Fr.). Seit fast 20 Jahren streiten sich deshalb die Physiotherapeuten mit den Krankenkassen um eine gerechtere Tarifstruktur und um gerechtere Tarife zu erreichen. Ein Beruf mit Fachhochschulabschluss und dabei ein wichtiger und verantwortungsvoller Leistungserbringer im Gesundheits-Grundversorgungsbereich hat Anrecht auf einen höheren Stundenansatz als bis anhin.

Nun ist es dem Bundesrat zu bunt geworden und er hat in diesen Tarifstreit eingegriffen. Per 1.1.2018 dürfen wir Physiotherapeuten von einer etwas klareren Tarifstruktur profitieren und erhoffen uns dadurch etwas weniger Streitigkeiten mit den Krankenkassen. Die Tarife selber jedoch bleiben unverändert.

Ein klarer Fehlentscheid bei der Festlegung der neuen Tarifstruktur ist das Fehlen einer Abrechnungsposition für administrative Tätigkeiten der Physiotherapeut/innen. Dazu gehört unter anderem auch die Kommunikation mit anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Ruft der Physiotherapeut zum Beispiel zwecks einer Patientenbesprechung den behandelnden Arzt an, kann er dies nicht verrechnen. Er tätigt diesen Anruf sozusagen in seiner Freizeit. Der Arzt hingegen kann das Telefonat unter der Position „Leistung in Abwesenheit des Patienten“ verrechnen.

Oder der Physiotherapeut wird für das Weiterführen einer notwendigen Behandlung aufgefordert, einen Bericht zu schreiben zu Handen der Krankenkasse des Patienten. Oder der Physiotherapeut muss eine Gruppentherapieplanung vornehmen. Auch für diese Arbeiten gibt es keine Abrechnungsposition in der neuen Tarifstruktur. Die Ergotherapeutin dagegen kann diese Arbeiten unter der Position „ergotherapeutische Leistungen ohne Anwesenheit der Patienten“ verrechnen.

Hier wird klar mit zwei verschiedene Massen gemessen!

Durch eine effiziente Kommunikation unter den Leistungserbringern im Grundversicherungsbereich wird erwartet, dass die Behandlung eines Patienten optimiert werden kann und dadurch ein „zweckmässiger und wirtschaftlicher“ Behandlungseffekt erreicht wird. Dies umso mehr da durch die Verschiebung von einer stationären zu einer ambulanten Behandlung in den letzten Jahren der Arbeitsaufwand für den Physiotherapeuten massiv gestiegen ist. Nun fordert uns der Bundesrat mit der neuen Tarifstruktur quasi auf gerade diese Arbeit weiterhin gratis auszuführen. Ich würde dies als ein klassisches Eigentor betrachten.

Diese ungerechte Tatsache drohte unterzugehen im massiv mehr Aufmerksamkeit ziehenden Tarmed-Streit zwischen  Ärzten und Krankenkassen. Zum Glück hat nun die Luzerner Zeitung mit einem Artikel die Aufmerksamkeit auf dieses Problem gelenkt.  Hier geht es zum Artikel