Der virtuellen Physiocoach; ein Ersatz für den Physiotherapeuten

Der Übungszettel

Aus früheren Zeiten können Sie sich sicherlich noch an folgende Situation erinnern; Sie waren beim Arzt und er hat Ihnen einen Zettel mit vorgedruckten Übungen mitgegeben, die Sie selber nach diesen Anleitungen zuhause durchzuführen hatten um damit Ihr Leiden zu lindern. Nebenbei haben Sie noch einen Sack voll Medikamente mitbekommen.

Sie haben die Anweisungen des Arztes brav befolgt und nach einigen Wochen festgestellt, dass sich keine oder nur eine geringe Verbesserung Ihrer Situation eingestellt hat. Zurück beim Arzt wird nochmals ein Kontrollröntgen gemacht, eventuell ein MRI veranlasst und die Medikation etwas umgestellt. Zuhause versuchen Sie es nochmals, jedoch ohne Erfolg. Nach einigen Wochen sind Sie wieder beim Arzt, der Ihnen nun eine Physiotherapieserie verschreibt. Nach einigen Physiotherapiesitzungen bemerken Sie, dass es Ihnen nun endlich besser geht.

Das Fitnesscenter

Es gab auch mal eine Zeit, da behaupteten die Krankenkassen auf Grund einer methodisch schlecht durchgeführten Studie, dass man in Fitnesszentern den gleichen Heilungseffekt erreichen kann wie beim Physiotherapeuten. Und da dies laut Meinung der Krankenkassen die günstigere Lösung ist, wanderten die Patienten mit ihren Beschwerden ab ins Fitnesscenter, um nach einigen Wochen doch wieder beim Physiotherapeuten zu landen, da der Heilungseffekt ausblieb oder sich die Beschwerden sogar verschlechterten.

Was leren uns diese zwei Situationen? Wenn es um eine fachgerechte und Evidenz basierte Physiotherapie geht, kommt man nicht um den qualifizierten Physiotherapeuten herum. Und im Endeffekt ist dies sogar günstiger als Übungszettel oder Fitnesscenter. Aus diesem Grund werden Patienten wieder vermehrt zum Physiotherapeuten geschickt und bleiben nicht mit einem Übungszettel zu Hause oder gehen ins Fitnesscenter.

Der virtuelle Physiocoach

Doch nun geht es weiter im Kampf gegen die vermeintlich teure Physiotherapie, die jedes Jahr „immense Kosten“ verursacht im Gesundheitswesen. Immerhin sind dies 2% (!) des Gesamtvolumens. Diese Kosten in der Physiotherapie sind tatsächlich in den letzten Jahren etwas angestiegen. Das heisst, dass diese Kosten vorher unter den 2% des Gesamtvolumens lagen. Verursacht wurde dieser Kostenanstieg durch die Verlagerung von stationären zu den ambulanten Behandlungen. Patienten werden viel früher aus Spitälern entlassen und müssen die Rehabilitation nun im ambulanten Bereich durchführen. Bei den Physiotherapie-Privatpraxen machte sich dies durch einen markanten Anstieg der Patientenanmeldungen bemerkbar.

Auch die demografische Entwicklung der Schweiz mit ihrer im Durchschnitt immer älter werdenden Bevölkerung tragen zu diesem Anmeldungsanstieg in Physiotherapie-Privatpraxen bei. Auch zum Kostenanstieg trug der seit 2016 leicht erhöhte, aber immer noch zu  niedrige Taxpunktwert bei.

Dieser Kostenanstieg fand bei der CSS keinen guten Anklang. Ein Grund dafür könnte laut CSS die mangelhafte Ausführung der Physiotherapie-Heimübungen sein. Die durch die Physiotherapie erreichte Gesundheitsverbesserungen können wegen dieser mangelhaften oder unterlassenen Ausführung der Heimübungen schnell wieder verschlechtern und dies führt dann wieder zu erneut kostengenerierenden Arzt- oder Physiotherapiekonsultationen. Um den Patienten in der Ausführung dieser Heimübungen zu motivieren und zu instruieren wie diese Heimübungen ausgeführt werden müssen, hat die CSS in Zusammenarbeit mit der amerkanischen Firma  Magic Leap einen Prototyp-Brille entwickelt, die den Patienten genau diese Motivation und Übungsinstruktion vermitteln soll. Dies nennt die CSS dann „den virtuellen Physiocoach“.

Generell bin ich nicht abgeneigt neue Mittel einzusetzen, wenn es um den bleibenden Behandlungserfolg geht. Persönlich sehe ich diese Brille als ein zusätzliches Arbeitsmittel des Physiotherapeuten. Wenn jedoch die Absicht dahinter liegt den Physiotherapeuten durch diese Brille zu ersetzen, landen wir wahrscheinlich wieder in der Kategorie „Übungszettel“ und „Fitnesscenter“. Momentan ist diese Brille noch in der Entwicklungsphase. Wir haben also noch genügend Zeit uns mit dem Thema des Einsatzgebietes zu beschäftigen. Erfahrungswerte oder Auswertungen bezüglich des Therapieeffektes dieser „Mixed Reality Brillen“ gibt es noch keine. Dagegen bewegt sich die Physiotherapie immer mehr und besser auf dem Akademischen Niveau. Evidenz Based Therapie und Evidence Based Practice haben schon lange in der Physiotherapie Einzug gehalten. Und genau das ist es, was man heutzutage im Gesundheitswesen verlangt; den Nachweis der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Ich bin gespannt, ob dies eine Brille auch kann.

 

Hier geht es zur Stellungsname der Physioswiss.